Titicacasee - Wallfahrtsort & Geburtsort der Inka

Hallo Ihr Lieben,


ich bin es wieder. Ich moechte Euch gerne an meinen ersten Tagen in Bolivien teilhaben lassen.
Von Puno in Peru ging es im Bus nach Copacabana, einer auf 3.850m ueber dem Meeresspiegel liegende bolivianischen Hafenstadt und Ausgangspunkt, um die beruehmteste Insel des Sees, die Isla del Sol, zu besichtigen. 
Bereits die Fahrt war beeindruckend. Wie durch ein kleines Wunder hat es hier seit 20 Jahren wieder geschneit und so glich die Landschaft eher sibirischen Weiten als den Anden. Im Hintergrund der See, davor kleine, aus Lehm erbaute Doerfer, vereinzelnd angebundenen Kuehe, Schweine oder Schafe und unzaehlige Ackerflaechen. Hier leben die Menschen hauptsaechlich von der Landwirtschaft, aber die kleinen Parzellen reichen voraussichtlich nur fuer ein karges Leben im Hochland. Je naeher wir Bolivien kamen, desto aermer wurde die Region. Ich musste viel darüber nachdenken, wie sehr sich das Leben dieser bäuerlichen Bevölkerung doch von dem bei unserigen unterschied. Diese Menschen hatten eine 7-Tage-Woche, lebten in einfachsten Verhältnissen in einer kargen Landschaft und kämpften in ernteschwachen Zeiten ums Überleben - und beschwerten sich nicht. Sie kannten es nicht anders und sahen oft keine Alternative. Was sie wohl von unseren Diskussionen zur Work-Life-Balance halten?


An der Grenze angekommen, hiess es Schlange stehen und viel, viel Geduld haben. Einer Schlange folgte die naechste und es war unverstaendlich, warum nicht alles auf einmal erledigt werden konnte. Andere Zustaendigkeiten ... nun ja, soll sich noch einmal jdn. ueber unsere Buerokratie beschweren. Die ist ein Paradies dagegen. 


Bolivien ...  bereits in den ersten Kilometern gefiel mir dieses Land.  Ich kann nicht genau sagen, warum es mich gleich so  beeindruckte ... es war irgendwie anders. Es war ursprünglich! Während Peru in Europa bereits zu einem ziemlich beliebten Reiseland geworden ist und einem in Cusco oft europäische Reisegruppen mit Fähnchen entgegenkommen, reisen bisher erst wenige Europäer nach Bolivien. In der Gemeinschaft der Vielreisenden hat sich das Land allerdings bereits als absoluter Geheimtipp etabliert und jeder der dort war, schwärmt mit strahlenden Augen!


In Copacabana suchte ich mir eine Unterkunft und merkte gleich, dass das Preisgefuege hier ein anderes war ... es ist nicht sehr viel guenstiger, aber guenstiger. Fuer eine Nacht im EZ mit eigenem Bad UND Warmwasser (das ist hier eher selten), bezahlte ich nur 6 Dollar.  Sehr nett, dankeschoen ans Hostal Sonia (nicht googeln, sonst wuerdet Ihr wahrscheinlich einen kleinen Schock bekommen ...  aber wer eine Weltreise macht, kann eben nicht nur in 5*Hotels naechtigen. Mir ist .. um dieses Thema hier kurz zu erlaeutern ... wichtig, dass ich - wenn moeglich - ein eigenes, sauberes Zimmer, mit eigenem Bad, heissem Wasser und ungefaehr 10 Wolldecken habe. Letzteres trifft natuerlich nur in den Anden zu, ich hoffe nicht, dass ich sie danach nochmal benoetige ;-)

Meine erste Erkundungstour durch die Stadt ...  das Dorf (rund 5.000 Einwohner)... war bereits sehr interessant. Nur einen Steinwurf von meiner Herberge entfernt stand die mit schoenste Kathedrale, die ich jemals bewundern durfte. Sie war im maurischen Stil erbaut, weiss getuencht und innen farbenfroh ausgemalt. An einem Seiteneingang gab es einen schmalen, fenstlerlosen Gang, an dessen Ende man die Virgin de Copacabana, die Schutzheilige des Titcacasees, ausmachen konnte. Dieser Heiligen werden zahlreiche Wunder und Heilungen zugeschrieben. Die Figur  wurde 1576 von einem Indigeno aus dunklem Holz geschnitzt und hat eine Krone aus purem Gold. Sie wird verehrt. Die Glaeubligen brennen in dem ca. 20 Meter langen Tunnel rechts & links Kerzen ab und schreiben ihre Wünsche mit Wachs an die Wände. Es war eine besondere Stimmung ... ich war allein und nur das Kerzenlicht wies mir den Weg ... mit einem Licht am Ende des Tunnels haette ich mich in dieser Atmosphaere gefragt, ob nicht das Hupen des letzten Buses  vorm Schneiden der Kurve ueberhoert wurde. Aber wie Ihr seht ... ich schreibe noch ;-)

Am spannensten fand ich Copa - wie dieses Oertchen liebevoll genannt wird - das Treiben vor der Kirche. Der Platz war umringt mit Autos. Sie waren alle geschmueckt mit buntem Glitterkram, Fahnen, Blumen, Girlanden, Miniatur-Haeusern, Spielautos, Miniatur-Koffern, Spielgeld-Buendel und vielem mehr ... und sie schienen auf etwas zu warten. Auch auf allen von dem Platz wegfuehrenden Strassen standen Autos und wollten auf den Platz, um sich mit den an den Verkaufsstaenden vor der Kirche zu Hauf angebotenen Dingen zu schmuecken. Ich war sehr verwirrt ... was hatte das alles zu bedeuten?


Nun ja, es stellte sich heraus, dass Copacabana der bedeutendste Wallfahrtsort Boliviens ist. Aus dem ganzen Land sowie dem benachbarten Peru kommen Autos und Reisebusse in diesen Ort - zu der Virgin de Copacabana -, um vor der Kirche zu beten und den Segen eines Moenches oder eines Schamanen zu empfangen - fuer eben alle gewuenschten Dinge, die auf den teilweise kaum mehr fahrtauglichen Gefaehrten verkauft wurden.  Kleines Haus = ich moechte ein Haus bauen, Geldbuendel = ich will reich werden, kleiner Koffer = ich will verreisen, usw.   In den Autos schien jeweils die ganze Familie zu sitzen und sie feierten, hoerten Musik und tranken Alkohol beim Warten auf den Segen des Geistlichen. Was es zu bedeuten hatte, dass sie die Autos komplett mit Bier oder Sekt benetzten, habe ich nicht herausfinden koennen ...  auf alle Faelle waere alleine schon das Auto bei jeder dt. Polizeikontrolle verhaftet wurden. Nach zahlreichen Bildersessions versuchten  die Gesegneten einen kaum moeglichen Weg aus dem Autochaos zu finden und ihre  teils sehr lange Rueckfahrt anzutreten.

Der Ort ist ansonsten weniger spannend. Ein Restaurant reiht sich ans naechste und der angekuendigte Strand war eine Schlammkuhle zum Wegrennen.
 
Nach einer kalten Nacht ging es auf die Isla del Sol, der Insel, deren urspruenglicher Name Titicaca lautete und nach der der See benannt wurde. Frei uebersetzt bedeutet Titcaca "Puma-Felsen" ...  der Sonnengott Inti soll seine Kinder, den ersten Inka und seine Frau  auf einem Felsen der Isla del Sol zur Erde gelassen haben ... dieser Felsen hat - mit viel Fantasie - die Form  des Kopfes einer Wildkatze.
Die Insel war landschaftlich beeindruckend. Ich hatte das Glueck zwei sehr nette Hollaenderinnen kennenzulernen, Myke und Nika, mit denen ich einen tollen Sonnentag auf der Insel verbrachte. Wir wanderten (bergauf ... wie immer), vorbei an wunderschoenen Straenden und einsamen Buchten mit glasklarem Wasser und durchquerten kleine Doerfer, wo mehr Tiere (insbesondere Schweine und Esel) zu leben schienen als Menschen. Hier liefen ueberhaupt alle Tiere frei herum. Bereits bei der Ankunft des Bootes begruessten uns vergnuegt grosse, grunzende Schweine.
Die anstrengende Wanderung an die noerdliche Spitze der Insel belohnte uns diesmal nicht nur mit dem Puma-Felsen und anderen Inka-Staetten ;-) ... sondern auch mit einem atemberaubenden Ausblick auf die unglaublichen Weiten des Sees, der im Hintergrund von den schneebedeckten 6000 Meter hohen Anden eingerahmt wurde. Hier solltet Ihr Euch die Fotos anschauen ... das ist mit Worten schwer zu beschreiben. Nur soviel: Ich habe mich der Sonne und dem Himmel noch nie so nah gefuehlt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der See über 3800 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Dieser Ort ist magisch! Der See ist magisch! 

 
Am naechsten Tag ging es weiter nach La Paz. Der Grossteil der Strecke fuehrte noch am See entlang und zeigte so viele unterschiedliche Facetten, dass ich aus dem Staunen nicht herauskam. Toll!


Irgendwann mussten wir den Bus verlassen und in ein Boot umsteigen, um eine kleine See-Enge zu ueberqueren. Ich war im ersten Moment erstaunt, wie wohl unsere Sachen den Weg auf die andere Seite schaffen wuerden, und mit welchen Gefaehrt wir den Rest der Strecke fahren wuerden. ... aber wie immer, klaeren sich solche Sachen meist schnell. Der Bus wurde auf ein langes Floss gefahren und von einem einzigen, recht hageren Mann mit einem langen Holzstab vom Ufer abgestossen. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Natuerlich wusste ich, dass diese Prozedur voraussichtlich jeden Tag von Statten ging, aber wie dieses halbschiefe Floss mit dem riesigen Reisebus (und noch wichtiger: meinem Rucksack!!!) das Wasser ueberqueren wollte, war mir ein Raetsel. ... es hat geklappt. Klaro, kein Problem ... um es auf bolivianisch zu sagen.

Auch der Rest der Strecke war beeindruckend. Wir fuhren an schneebedeckten Gipfeln vorbei, bis wir am Abend endlich La Paz erreichten. Aber dazu spaeter.

Alles Liebe
Eure Eva

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Graciela (Freitag, 07 August 2009 04:08)

    Hi Eva!

    How are you? I can´t read anything of what you wrote here. I suppose you are OK and visiting Bolivia.
    I´m home. I arrived in Buenos Aires on 3-8 at midday.
    Now I´m restint a bit after such a tiring trip.
    After I left you I visited a city per day! But it was worthwhile, the places were very nice.
    Sent you a kiss. I´ll write soon.
    Graciela.