Der Titicacasee und seine Inseln

Hallo Ihr Lieben,

heute will ich Euch von meinen Erlebnissen am Titcacasee berichten ... eines der groessten Naturwunder dieser Welt. Der Titcacasee ist der groesste See Suedamerikas - der westliche Teil des Sees gehört zu Peru und der oestliche Teil zu Bolivien. Mit einer Laenge von 194km und einer Breite von 65km ist er fast 13-mal größer als der Bodensee und an manchen Stellen meint man den offenen Ozean vor sich zu haben, da kein Ende in Sicht ist. Der See ist auf einer Hoehe von 3.810m ueber dem Meeresspiegel das höchstgelegene beschiffbare Gewaesser der Erde. Es gibt viele Inseln - auf den meisten sind Relikte der Inka-Kultur zu besichtigen.
 
Da insbesondere die Inseln einen besonderen Reiz ausmachten, habe ich  zusammen mit meiner voruebergehenden argentinischen Reisepartnerin Graziela aus B.A. einen 2-Tages-Trip gebucht, um die Urus-Inseln, die Insel Amantani und Taquile zu besuchen.


Am fruehen Morgen ging die Reise in einem Motorboot Richtung Urus-Inseln, einer der groessten Attraktionen des Titicacasees. Es handelt sich dabei um schwimmende Inseln, die aus mehreren Schilflagen bestehen und die die Urus damals zum Schutz vor den Inkas bauten. Noch heute leben sie hier ihren traditionellen Lebensstil und denken nicht daran, auf das Festland ueberzusiedeln - was ich verstehen kann, denn Sie leben mit den vielen Touristen, die kommen und ihre Handarbeiten kaufen, nicht schlecht. Ihre Schilfhuetten sind einfach, aber wie so oft gibt es neben dem Bett und einem Jesusbild in den meisten Behausungen einen Fernseher - der hier mit Solar betrieben wird. Wenn die Inseln groesser waren, wuerde sicher auch noch irgendwo ein Coca-Cola-Schild hinpassen.

Nach den Urus-Inseln ging es weiter nach Amantani, einer rund 15km2 grossen Insel, auf der neben archaeologischen Resten der Inka- und Tiwanaku-Kultur vor allem eine Besonderheit auf uns wartete ... eine Familie fuer eine Nacht. Auf der Insel gibt es keine Hotels, aber es bot sich die Moeglichkeit, bei einer einheimischen Familie zu uebernachteten. Diese nahm ich natuerlich sofort in Anspruch, um noch mehr ueber das taegliches Leben der Inselbewohner zu erfahren.  Dass die Insel  weder Strom noch fliessend Wasser hatte, realisierte ich nur nebenbei ... aber insbesondere diese Gegebenheiten machten das Ganze fuer mich zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Man bestaetigte uns vorher, dass die meisten - insbesondere die juengeren Einwohner - Spanisch sprachen, aber auf der Insel angekommen, erwartete  uns die wahrscheinlich aelteste Frau der ganzen Gemeinschaft. Sie sprach nur die alte Inkasprache Quechua und statt Spanisch war eher Zeichensprache zur Kommunikation angebracht.
Nach einem ueber einstuendigen, anstrengenden Aufstieg ins Dorf, welches wie einfach alles Sehenswerte immer irgendwo oben auf einem Berg liegt, bezogen wir unser sehr einfaches Zimmer. Wir fuehlten uns wohl ... wissentlich, dass wir die fuer uns ueberlebensnotwendigen Dinge wie Taschenlampe, Wasser und dicke Jacken im Rucksack mitgebracht haben. Mein Bett war ein Bretterverschlag, auf dem eine mit Plastiktueten zusammengehaltene Schildmatraze lag.  Es war schoen weich, aber laut, da die Plastiktueten bei jeder Bewegung knisterten.
Nach der Ankunft wurden wir vom Herr des Hauses in die Kueche bzw. das Kuechenhaus bestellt. Ich traute mich kaum die notduerftig gezimmerte Treppe von unserem Zimmer herunterzugehen, da ich befuerchtete, sie wuerde einstuerzen. Aber sie hielt und so sah ich mich in einem kleinen Lehmhaeuschen wieder, wo  Lunch serviert wurde. Dieses Haus wurde wahrscheinlich fuer 2 Personen gebaut ... mehr passen eigentlich nicht rein, aber wenn man will, geht alles. Man konnte kaum atmen und als ich die Toepfe auf der kleinen Feuerstelle am Boden sah,  war ich mir noch nicht sicher, ob ich diese Tage ohne Immodium ueberleben wuerde. Auf jeden Fall ... das war mir bewusst ... musste ich aufessen, was immer ich serviert bekommen wuerde, das gebot mir mein Anstand. Gespannt wartete ich auf das Essen. Es gab ein Gericht aus Kartoffeln und Mais  und war geniessbar. Ich versuchte mir vorzustellen, ich sei in einem tollen Restaurant und wuerde von weisen, vorher lupenrein geputzten Tellern esse ... denn nicht wirklich das Essen schreckte mich, sondern die in diesem Haeuschen nicht vorhandene Hygiene. Was nicht gebraucht wurde, wurde einfach auf den Kuechenboden ... die blosse Erde geschuettet. Die Teller wurden mit einem dreckigen Tuch nur von Speiseresten befreit .. nicht wirklich gesaeubert. Wie durch ein Wunder entging ich irgendwelchen gesundheitlichen Folgen, die leider meiner argentinischen Mitreisenden nicht erspart blieben.  Die Arme musste nachts mehrmals im Stockdunkeln mit einer Mini-Taschenlampe die moerderische Treppe ueber den Hof zum Toilettenhaeuschen, wo eine einfache Schuessel auf sie wartete. Waschbecken geschweige denn Dusche ... Fehlanzeige. Wir wuschen uns die Haende mit unseren mitgebrachten Wasserflaschen und desinfizierten danach alles mit Alkohol aus der Apotheke.
Am Abend genossen wir den Sonnenuntergang auf einem der Berge, wo ausserdem eine alter Inkastaette zu besichtigen war.  Im Anschluss ging es mit unserer Gast-Oma auf ein Fest, wo sie uns abwechselnd zum Tanzen aufforderte. Ich kaufte ihr eine Sprite und sie strahlte mich uebergluecklich an ... mir ging das Herz auf. Sie trank nur ein paar kleine Schluecke, nahm den Rest mit nach Hause und teilte die begehrte, aber fuer sie teuere Fluessigkeit mit ihrem Mann. 
Auch wenn ich die Nacht kaum schlafen konnte, weil meine Zaehne vor Kaelte klapperten und ich am ganzen Koerper zitterte, war es dennoch ein unvergessliches Ereignis, das zu den Highlights meiner Reise gehoeren wird.
 
Am naechsten Tag  ging es weiter zur Insel Taquile, die auch "Insel der strickenden Männer" genannt wird. Hier sieht man viele Maenner - von sehr jung bis sehr alt - die mit Stricknadeln Muetzen, Pullover, Socken und einiges mehr zaubern. Die Frauen hingegen stricken kunstvolle, farbenfrohe Hueftbänder, bei denen auch ich nicht wiederstehen konnte. (Bei den Muetzen ist dies einfacher ... jede Kultur, sei es in Ecuador, Peru oder auch nur den einzelnen Inseln des Titicacasees hat eine eigene Art, Muetzen zu stricken und zu verzieren ... meiner Gast-Oma habe ich eine Muetze zum dreifach-ueblichen Preis abgekauft, aber mehr brauchte ich wirklich nicht.)  Eine aehnliche mir vom Oktoberfest bekannte Tradition  gibt es auf Taquile auch. Die Maenner tragen Muetzen, sogenannte Chullos-Muetzen, die über ihren Beziehungsstatus Auskunft geben. Rote Chullos heisst vergeben bzw. verheiratet, rot-weiß-gestreifte Chullos heisst Single. Ausserdem bestimmt auf dieser Insel das weibliche Geschlecht die Partnerwahl ... wie bei uns daheim also ;-)

Am Abend waren wir voellig geraedert, freuten uns auf eine heisse Dusche und wollten schnell ins Bett. Unser eigentlich wirklich nettes Hotel (sogar mit Fahrstuhl!) wollte an diesem Abend allerdings anders. Es gab kein Wasser, weder kaltes noch warmes, weder fuer die Dusche noch die Toilette. Mit einem freundlichen Hinweis an der Reception dachte ich die Sache zu regeln, aber der Gute versicherte mir nur, sich zu kuemmern und widmete sich dann wieder seinem TV .. wo ich ihn eine halbe Stunde spaeter (immer noch ohne Wasser) erneut ... diesmal um einiges bestimmter .. auf den Zustand hinwies und er sich bequemte, das Wasser wieder herzuzaubern. Sehr sicher, wurde dieses aus Kostengruenden einfach ueber Nacht mal abgestellt ... und wenn man bedenkt, dass in diesen bitterkalten Naechten nicht alle Hotelgaeste ihr Zimmer fuer Beschwerden verlassen, lohnt sich dies sicher auch.

Soweit von mir ...  soweit von der peruanischen Seite des weltberuehmten Titicacasees. Was ich in den Folgetagen  auf der bolivanischen Seite bewundern durfte uebertraf zwar in seiner natuerlichen Schoenheit der peruanischen Seite, aber meine Gast-Grosseltern werde ich nie vergessen.

Alles Liebe
Eure Eva

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